Gestern wie heute: Konzepte für eine lebenswerte natürliche Umwelt In einer Großstadt wie Hamburg
bieten naturnahe Flächen nicht nur Tieren und Pflanzen Lebensmöglichkeiten. Sie
sind gleichzeitig wichtig für das Klima und für die Menschen, die dort leben.
Darum müssen diese Flächen systematisch miteinander verbunden sein wie ein
Netz.
Wird dieses Netz durch Häuser
oder gar Kleingewerbe eingerissen, wird mehr als nur die einzelne Fläche
zerstört, die durch die Bebauung verloren geht. Gerade das wird heute oft und
manchmal auch bewusst unterschätzt: Was macht es schon aus, in dieses Netz
einige Häuser zu setzen? Es macht enorm viel aus! Das Netz würde zerfleddert
werden. Wichtige Verbindungen würden zertrennt. Und damit gingen elementaren
Funktionen für Flora und Fauna verloren. Darum kann selbst ein einzelnes Haus
stören.
Über die Erhaltung und Gestaltung
einer lebenswerten natürlichen Umwelt wurden viele Konzepte entwickelt. Wir
dokumentieren davon hier „Hamburgs Grünes Netz“ und das historische
„Gartenstadt-Konzept“, das zeigt, dass man sich auch vor hundert Jahren über
eine menschenfreundliche Besiedlung und die Vermeidung immer weiterer
Verdichtung in Großstädten Gedanken gemacht hat – vielleicht sogar mehr als
heute.
Welche Auswirkungen die
zunehmende Siedlungsverdichtung auf den Grundwasser-haushalt (gerade Hamburg bezieht
Trinkwasser zum größten Teil aus dem Grundwasserreservoir) und das Stadtklima
hat, zeigt der Abschnitt „Auswirkungen der Siedlungsverdichtung auf die
Umwelt“.
Das Grüne Netz Hamburg Ziel der Hamburger
Landschaftplanung ist die Verknüpfung von breiten Grünzügen und auch schmaleren
Grünverbindungen zu einem grünen Netz. In diesem Netz soll es möglich sein,
sich ungestört vom Straßenverkehr auf Fuß- und Radwegen im Grünen innerhalb der
Stadt und bis in die freie Landschaft am Rande der Stadt zu bewegen.
Gleichzeitig ist das grüne Netz wichtiger Teil des Biotopverbundsystems (www.hamburg.de/gruenesnetz).
Wichtig sind dabei
Landschaftsachsen (weiträumig zusammenhängende Grün- und Freiflächen), die sich
zwischen den Siedlungsräumen vom Stadtkern bis ins Umland erstrecken. Eine
große Rolle spielen dabei die noch erhaltenen naturräumlichen Strukturen
Hamburgs (z. B. das Appelbütteler Tal).
Stellungnahmen der in der Bezirksversammlung Harburg vertretenen Parteien zum Landschaftsschutzgebiet Appelbütteler Tal, abgegeben vor der Wahl 2011:*)
CDU: "Das Landschaftsschutzgebiet Appelbütteler
Tal soll in der bisherigen Form erhalten werden. Wir werden uns dafür
einsetzen, dass eine Veränderung des typischen Charakters des
eigentlichen Tales auch durch zulässige anderweitige land- oder
forstwirtschaftliche Nutzung einschließlich etwaiger Gebäude möglichst
unterbleibt. An den Randflächen Schafshagenberg ist eine moderate
Einzel-, Doppel- oder Reihenhausbebauung in geringem Umfang zu prüfen." www.cdu-harburg.de
Wahlprogramm der SPD: Hamburger Naturlandschaften (u.a. Appelbütteler Tal) besonders
schützenswert. „… keine neuen Wohn- und
Gewerbebauten in Landschaftsschutzgebieten.“ - www.harburg.spd-hamburg.de
Wahlprogramm der GAL Harburg: Keine Bebauung des
Appelbütteler Tals! "Wir setzen uns für den
Erhalt des Landschaftsraums Appelbütteler Tal ein und lehnen die Wohnbebauung
ab." - www.gal-harburg.de
FDP: Passage zum Appelbütteler Tal im Wahlprogramm 2008 weiterhin aktuell: "Landschaftsschutzgebiete
sind als Naherholungs- und Naturräume zu erhalten. Sofern Eingriffe in
Landschaftsschutzgebiete notwendig sind, müssen dafür hochwertige
Naturschutzflächen im Bezirk als Ausgleich geschaffen werden (z. B. bei
Teilbebauung am Schafshagenberg Maßnahmen im Appelbütteler Tal und nicht
irgendwo in Niedersachsen). - Bei einer möglichen Bebauung im Kleefeld
in Marmstorf sind nur freistehende Einfamilienhäuser und Reihenhäuser
zuzulassen. Ausgleichsmaßnahmen sind ortsnah vorzusehen. Die
Westerweiden sind unbebaut zu belassen." Die FDP-Presseerklärung zum Schafshagenberg aus dem Jahre 2006 ist weiterhin aktuell. www.fdp-harburg.de
*) Reihenfolge: Anzahl der Sitze nach der Wahl zur Bezirksversammlungswahl 2008.
Das historische Gartenstadt-Konzept Das Problem hieß und heißt noch heute „Verdichtung“ Es ist in
Großstädten nicht neu. So gab es über die Vermeidung einer die Wohn-
und
Lebensverhältnisse verschlechternde Verdichtung der wachsenden
Großstädte schon Ende des 19. Jahrhunderts vielfältige Überlegungen
(mehr und anspruchsvoller als heute?). Am bekanntesten
ist das von dem Briten Ebenezer Howard 1898 in England entwickelte
Gartenstadtmodell „Garden City“. Danach
sollten Gartenstädte systematisch ringförmig um eine Großstadt
angeordnet und
mit ihr sternförmig durch Straßen-, Eisen- und U-Bahnen verbunden
werden.
Nachteile vermeiden, Vorteile beibehalten
Zwischen diesen Gartenstädten und
auch zur Großstadt hin sollte das Grün erhalten bleiben. Die Gartenstädte
selbst sollten lebenswert strukturiert werden. Ein wichtiger Aspekt war dabei
die Nutzungstrennung: Danach sollten die einzelnen Funktionen konzentrisch
angeordnet und durch breite Grünstreifen voneinander getrennt werden. So
sollten sich um einen gartenähnlich gestalteten zentralen Platz zunächst die
öffentlichen Gebäude gruppieren. Um diese sollte ein erster Parkring gelegt
werden, dem ein weiterer Ring mit Wohngebäuden folgen sollte. Für die Mitte des
Wohnringes war die „Grand Avenue“ mit einem Grüngürtel für Schulen, Kirchen und
Spielplätze vorgesehen. Kurzum: Mit der Aufhebung der bisherigen Trennung von
Stadt und Land sollten die Nachteile der Großstadt vermieden und ihre Vorteile
(z. B. leicht erreichbare Kultureinrichtungen) beibehalten werden.
Die deutsche Gartenstadtbewegung
Die Gartenstadtidee fand auch in
Deutschland viele Anhänger. Anknüpfend an Howards Konzept von der „Garden City“
vor den Toren übervölkerter Großstädte hatten sie zum Ziel, in den neuen
Gartenstädten für jeweils höchstens 30.000 Menschen aus allen Schichten und
Lebensbereichen Wohn- und Arbeitsstätten sowie ausreichend Freizeitangebote zu
schaffen. Auf einem Teil der Fläche sollte
außerdem die Möglichkeit bestehen, Acker- und Gartenbau zu betreiben, um
den Bewohnern ein Leben in der Natur zu ermöglichen. Eine große Bedeutung
spielte dabei – auch und gerade in Hamburg – das Genossenschaftskonzept.
Das 1906 geplante und ab 1909
geplante Hellerau (heute Stadtteil von Dresden) gilt als erste Verwirklichung
einer Gartenstadt in Deutschland. Sie sollte auch von der Raumplanung und der
Architektur her Modell des neuen Bauens sein. Zur gleichen Zeit entstand auch
die Krupp-Siedlung Margarethenhöhe in Essen. Sie ist aber nur von der Bauweise
her Gartenstadt. Ihr fehlt das genossenschaftliche Konzept.
Es folgten zahlreiche
Gartenstädte. So wurde 1910 Wandsbek-Gartenstadt gegründet und später
Gartenstadt Alsterdorf. Aber echte Gartenstädte wie Hellerau, die alle
Kriterien des Gartenstadt-Konzepts erfüllten, waren sie alle nicht. Weit
entfernt davon sind auch die in der Nachkriegszeit entwickelten Siedlungen am
Rande von Großstädten zu sehen, die letztlich eher verrufene Großstadtghettos
geworden sind. Das hätte wahrscheinlich vermieden werden können, wenn sich die
Städteplaner mehr am Konzept der Gartenstädte ausgerichtet hätten.
Das Gartenstadtkonzept ist
ausführlich sehr gut dargestellt in Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Gartenstadt).
Auswirkungen der Siedlungsverdichtung auf die Umwelt Die zunehmende
Siedlungsverdichtung in Ballungsräumen hat erhebliche Auswirkungen auf den
Boden und damit auf die Umwelt. Der Boden wird nämlich mehr und mehr
versiegelt. Das wiederum wirkt sich negativ auf den Wasserhaushalt und das Stadtklima
aus.
Das Problem liegt darin, dass die
Zusammenhänge nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. Dabei liegt es auf der
Hand, dass das Einsickern des Niederschlagwassers in den Boden mit zunehmender
Versiegelung abnimmt. Es läuft durch das gut ausgebaute Kanalisationssystem
schnell ab. Dieses Problem wird inzwischen wegen der zunehmenden Hochwasserprobleme
diskutiert. Genauso wichtig aber ist es für das Leben in den Ballungsräumen.
Weil die Vegetationsfläche kleiner wird, verringert sich auch die für das Klima
so wichtige Verdunstung in der Stadt. Natürlich verringert sich durch den
schnelleren Abfluss auch die Grundwasserneubildung. Das Grundwasserreservoir
wiederum spielt gerade in Hamburg für die Trinkwasserversorgung eine große
Rolle.
Verstärkt wird dieser Prozess
noch dadurch, dass die Niederschlagsmenge in Ballungsräumen aufgrund ihres
Wärmeeffektes über dem des Umlandes liegt. Eine Rolle spielt dabei zum
Beispiel, dass gerade im Sommer die überwiegend mit Asphalt versiegelten
dunklen Flächen viel Wärme absorbieren.
Nähere Informationen z. B. :
Stichwort „Flächenversiegelung“ in wikipedia.